Wir wollen abstimmen Menü Schliessen

Wie geregelt?

Die dreistufige Volksgesetzgebung

Im Grundgesetzartikel 20, Abs. 2 heißt es: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen (…) ausgeübt.

So steht es seit 1949 im Grundgesetz. Ein Wahlgesetz haben wir schon lange. Was fehlt, ist ein Abstimmungsgesetz. Seit 1949 fand das Abstimmungsgesetz im Bundestag bei den gewählten Abgeordneten nicht die erforderliche 2/3-Mehrheit. Wir haben gemeinsam mit Mehr Demokratie, Democracy International sowie Verfassungsrechtlern einen Vorschlag ausgearbeitet, der das im Grundgesetz verankerte Abstimmungsrecht endlich vernünftig regeln könnte und diesen Vorschlag dem Bundestag vorgelegt. Dieser kann hier eingesehen werden… Unser Ziel ist eine Volksabstimmung über die Volksabstimmung. Die Regelung dieses demokratischen Grundrechts müssen die Bürgerinnen und Bürger selbst bestimmen können.

Themen

Alles was das Parlament entscheiden kann, muss auch über Volksabstimmungen geregelt und abgestimmt werden können. Ein Themenausschluss findet nicht statt. Auch über Finanzen und Steuern kann abgestimmt werden. Die häufig geäußerte Angst, die Menschen könnten nicht mit Geld umgehen, ist unbegründet. Im Gegenteil: In der Schweiz und den USA führen Volksabstimmungen zu niedrigeren Staatsschulden und effektiverer Verwaltung. Grundgesetzänderungen und die Abgabe von Souveränitätsrechten an internationale Körperschaften – z.B. die Europäische Union – müssen der Bevölkerung automatisch zur Entscheidung vorgelegt werden (obligatorische Referenden).

Volksinitiative

Die erste Verfahrensstufe bildet eine Volksinitiative mit Unterstützung durch mindestens 100.000 Unterschriften. Sie bringt eine Verfassungs- oder Gesetzesvorlage in Form einer allgemeinen Anregung oder als ausformulierten Entwurf in den Bundestag ein. Das Parlament bekommt so die Gelegenheit, ein Bürgeranliegen frühzeitig aufzugreifen. Den Initiatoren der Volksinitiative erwächst aus dem Recht auf Anhörung im Parlament öffentliche Aufmerksamkeit und die Chance, dass ihr Anliegen umgesetzt wird. Die Bundesregierung oder ein Drittel des Bundestages können das Bundesverfassungsgericht anrufen, wenn sie Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Initiative haben.

Volksbegehren

Lehnt der Bundestag die Volksinitiative ab, hat die Initiative das Recht, ein Volksbegehren durchzuführen. Mit dem Volksbegehren wird der Nachweis erbracht, dass genügend Menschen den Vorschlag für wichtig genug halten, um ihn der Allgemeinheit zur Entscheidung vorzulegen. Viele Menschen lernen das Anliegen der Initiatoren kennen und beschäftigen sich mit den Argumenten dafür und dagegen. Für ein erfolgreiches Volksbegehren müssen eine Million Stimmberechtigte innerhalb von neun Monaten unterschreiben, bei grundgesetzändernden Gesetzen 1,5 Millionen. Fakultatives Referendum: Als Sonderfall sind auch Volksbegehren gegen bereits getroffene Parlamentsbeschlüsse vorgesehen. Weil in einem solchen Fall schnelles Handeln erforderlich ist, entfällt die Volksinitiative, die Frist halbiert sich auf drei Monate, und das Quorum halbiert sich auf 500.000 Unterschriften. Mit einem solchen Volksbegehren können umstrittene Entscheidungen des Bundestages den Bürgerinnen und Bürgern zum Volksentscheid vorgelegt werden.

Unterschriftensammlung

In der Schweiz wird die freie Unterschriftensammlung als „Seele der Direkten Demokratie“ verstanden. Dahinter steht die Erfahrung, dass das Gespräch für eine erfolgreiche Sammlung unverzichtbar ist. Die meisten Regelungen in den Bundesländern verbieten die freie Sammlung. Volksbegehren können nur auf den Ämtern unterzeichnet werden. Daraus entstehen für Berufstätige, Alte und Behinderte Nachteile. Und es gibt immer wieder Streit über knapp bemessene Öffnungszeiten. Sinnvoller ist es, wenn die Bürgerinitiative selbst die Unterschriften sammeln kann – am Infostand, am Arbeitsplatz, im Sportverein – und diese nachträglich bei der Gemeinde bestätigen lässt. Die Initiatoren können das Gespräch suchen und am eigenen Erfolg arbeiten. Optimal erscheint eine Kombination beider Formen: die Unterschriften können frei gesammelt werden, parallel dazu liegen die Listen in Amtsräumen aus. Dies garantiert genügend Eintragungsmöglichkeiten für alle Bürgerinnen und Bürger, und zwar auch ohne eine flächendeckende Organisationsstruktur der Initiatoren, die besonders Bürgerinitiativen nur schwer aufbauen können.

Volksentscheid

Nach einem erfolgreichen Volksbegehren kann der Volksentscheid nur entfallen, wenn das Parlament den Antrag oder Gesetzentwurf unverändert übernimmt. Passiert dies nicht, findet die Abstimmung frühestens vier, spätestens zwölf Monate nach Abschluss des Volksbegehrens statt. Die Frist wird flexibel gestaltet, damit der Termin möglichst mit anderen Entscheiden oder Wahlen zusammengelegt werden kann. Das Parlament kann einen eigenen Vorschlag mit zur Abstimmung stellen. Dieser Gegenentwurf sollte nicht in Konkurrenz zum Volksbegehren gesehen werden. Er bereichert die Abstimmung durch eine inhaltliche Alternative und nimmt dem Verfahren damit die Starrheit einer bloßen Ja/Nein-Entscheidung.

Keine Abstimmungsklauseln (2/3-Mehrheit, Zustimmungsquoren etc.)

Volksabstimmungen sind gegenüber dem Parlament eine eigenständige Institution. Hier entscheidet die Bevölkerung selbst, in freier und geheimer Abstimmung. Es besteht zu jeder Frage eine große Öffentlichkeit. Stimmberechtigt sind alle Wahlberechtigten. Bei Volksabstimmungen ist eine Fraktionsbildung und Absprache nicht möglich. Die Abstimmung ist immer geheim. Eine 2/3-Mehrheit bei der Volksabstimmung würde die Nein-Stimmen höher bewerten als die Ja-Stimmen. Dies widerspricht dem demokratischen Grundgedanken „jede Stimme zählt gleich viel“ und fördert die Blockadehaltung einer Minderheit. Anders ist es bei der parlamentarischen Gesetzgebung. Hier entscheidet ein kleiner, auf Jahre festgelegter Personenkreis. In der Regel bestimmt die Partei/Fraktion das Abstimmungsverhalten des Abgeordneten. Durch Fraktionszwang, Tradition und Absprachen ist die Mehrheit im Parlament häufig identisch mit der Mehrheit der Regierung.

Information

In einer Broschüre, die jede(r) Stimmberechtigte vor dem Volksentscheid erhält, stellen Pro- und Contra-Seite das Thema und ihre jeweiligen Argumente authentisch und in gleichem Umfang dar. Dieses Abstimmungsbüchlein nach Schweizer Vorbild sichert die ausgewogene Information der Bevölkerung – und ist damit die Grundlage für die Urteilsbildung der Bürgerinnen und Bürger. Um die drei Schritte – Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid – zu vollziehen, sind rund eineinhalb Jahre nötig. Dieser Zeitraum gewährleistet, dass kurzfristige Emotionen bei der Volksabstimmung keine Rolle spielen.

Wir wollen abstimmen ist eine Initiative von:

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